Grenzen, Regeln und Strukturen werden von vielen Menschen als störende Einschränkungen empfunden und widersprechen dem Streben nach Freiheit und Leichtigkeit. Ich sehe es genau andersherum: Aus meiner Sicht führen klare Grenzen und Strukturen automatisch zu mehr Leichtigkeit und Freude im Leben. Sowohl zwischen Menschen als auch zwischen Menschen und Hunden.
Ja, nein oder vielleicht?
Beginnen wir beim Hund. Dem Vierbeiner mit den großen Kulleraugen möchten wir am liebsten keinen Wunsch ausschlagen. Also gibt es hier und da ein Leckerchen vom Tisch, wenn er uns zum Spielen auffordert, sind wir natürlich dabei und draußen richten wir uns ganz danach, was unserem Hund am besten gefällt. Mit anderen Worten: Er bestimmt und wir folgen. Auch wenn wir oftmals wissen, dass wir uns an vielen Stellen mehr durchsetzen sollten und auch mal Nein sagen müssten, fällt uns das sehr schwer. Wir spüren regelrecht, dass hier ein Nein angemessen wäre, und entscheiden uns trotzdem für das „Ja“. Liegt das am Hund oder an uns selbst?
Schwenken wir doch zur Parallele: zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Einmal angenommen, es fällt Dir schwer, Dich bei Deinem Hund durchzusetzen. Wie ist es dann bei Deinem Kontakt zu anderen Menschen? Setzt Du Deine Bedürfnisse bei Deinen Freunden, der Familie und im Job durch? Sagst Du dort selbstverständlich Nein zu Dingen, die Dir nicht guttun oder übergehst Du Deine eigenen Grenzen auch dort? Ich glaube, wir beide kennen die Antwort.
Ein Nein kommt selten allein
Grenzen ermöglichen uns einen respektvollen Umgang miteinander. Sie wahren unsere Bedürfnisse und sorgen dafür, dass wir nicht verletzt werden. Wenn wir keine klaren Grenzen setzen, übergehen andere Menschen und auch unser Hund ungewollt unsere eigenen Regeln. Schließlich können sie es nicht besser wissen, wenn wir sie nicht vorher kommunizieren. Wenn wir jedoch klar äußern, was wir uns wünschen oder was wir nicht möchten, dann können andere darauf Rücksicht nehmen. Das gilt auch für den Umgang mit unserem Hund. Wenn wir klare Regeln und Grenzen setzen, dann weiß der Hund, was von ihm erwartet wird und in welchem Rahmen er sich frei bewegen kann. Das schafft Sicherheit, Vertrauen und stärkt dadurch unsere Beziehung immens.
Grenzen als Rahmenbedingungen
Aber wie setzt man nun Grenzen? Muss ich jetzt zu allem Nein sagen und dadurch jedem auf die Füße treten? Absolut nicht. Hinter dem Aspekt von Grenzen steckt häufig Angst, andere nicht verletzen oder enttäuschen zu wollen. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: Ich verletze lieber mich selbst und meine eigenen Bedürfnisse als die der anderen. Ziel ist es ehrlich und klar zu formulieren, dass es mir bei etwas nicht gut geht und dass ich etwas nicht möchte. Wenn zwischen Dir und Deinem Gegenüber eine gute Basis herrscht, wird er Dich verstehen und Deine Grenze akzeptieren. Wenn nicht, darfst Du wiederum gern hinterfragen, ob die Art der Beziehung, die ihr bisher hattet, beidseitig ist und wirklich Deinen Wünschen entspricht.
Augenhöhe wiederherstellen
Zu äußern, was Du willst und was Dich bewegt, bringt Dich mit Deinem Gegenüber auf Augenhöhe. Deine Meinung und Deine Bedürfnisse haben dadurch den gleichen Wert wie die des anderen. Zugleich gewinnst Du dadurch an Authentizität und Souveränität. Du bist in Deiner Kraft und strahlst und sprichst das auch aus. Gleiches gilt im Umgang mit Deinem Hund.
Du erinnerst Dich an den obigen Satz: „Er bestimmt und wir folgen.“ Wie wäre es, wenn wir bestimmen, und der Hund folgt? Klingt das nicht viel sinnvoller? Schließlich tragen wir doch die Verantwortung für sein Wohlergehen. Sollten wir dann nicht auch diejenigen sein, die das Ruder in der Hand halten? Dafür müssen wir aber auch lernen, Nein zu sagen. Nein zum ständigen Auffordern. Nein zum ewigen Hinterherlaufen. Nein zum Ziehen an der Leine und Nein zum Bewachen des Gartens. Puh, ganz schön viele Neins, oder? Es klingt jetzt vielleicht so, als würde unser Alltag nur noch aus Zucht und Ordnung bestehen. Aber das ist absolut nicht der Fall.
Klarheit schafft Vertrauen
Unser Hund merkt schnell, dass wir bereit sind, die Verantwortung für uns beide zu tragen. Dadurch kann er sich endlich zurücklehnen und entspannen. Er lässt seinen Stress los und wird insgesamt gelassener. Denn er weiß, dass wir immer wieder von uns aus auf ihn zukommen. Er lernt, dass wir zu ihm kommen und seine Nähe gleichermaßen suchen, wie er es zuvor bei uns getan hat. Dein Hund vertraut darauf, dass Du ihn zum Spielen auffordern wirst, wenn es dafür an der Zeit ist. Er kann sich auf Dich verlassen – mit allem. Wenn mein Umfeld meine Grenzen kennt, bin ich leichter einzuschätzen und somit ganz klar in meinem Handeln. Das ist die Basis für einen respektvollen Umgang miteinander. Insgesamt ist das Setzen von Grenzen also ein wichtiger Bestandteil des Zusammenlebens mit Menschen, aber auch mit Hunden. Es schützt uns vor ungewollten Verletzungen und ermöglicht einen Austausch auf Augenhöhe.
Wenn Du merkst, dass Dich diese Worte stark berühren, liegt es wahrscheinlich daran, dass Du schon verletzt wurdest und dadurch Angst in Dir trägst, wieder verletzt zu werden. Konflikte zu umgehen und sich einer Sache lieber zu beugen als zu widersprechen, sind dadurch zu einem tagtäglichen Verhaltensmuster geworden. Natürlich löst sich das nicht von heute auf morgen einfach in Luft auf. Aber Du kannst nachhaltig daran arbeiten. Schau Dir dazu gern meinen Online-Kurs für Hundeführer an oder vereinbare direkt ein kostenloses Beratungsgespräch mit mir. Wir finden immer einen Weg!
Bis ganz bald,
Deine Barbara